Wirtshauskultur

Mit Fotografien aus aller Welt von:
Bergemann, Frauke - Kelm, Ursula -
Köberich, Thomas - Olthoff, Gudrun -
Schneider, A. - Touma, Issa -
Wreford, John - Zimmermann, Barbara

Vernissage:
Samstag, 1. September 2018, 16.00 Uhr
Musik: Friedrich Bassarek, Akkordeon
und Kino: 18.00 Uhr Babettes Fest (Oscar 1988)


WIRTSHAUSKULTUR
Barbara Zimmermann, 1.9.2018

Eine kleine Episode brachte mich letzten Endes auf die Idee zu dieser Fotoausstellung.

Ich machte an einem Sonntag mit meinem Freund Thomas eine kleine Radtour hier in der Gegend und schon in Rosenow kamen wir auf die Idee, eine Bierpause einzulegen und machten uns auf die Suche nach einer geeigneten Wirtschaft, vergeblich, kein Bier, und auch keine Imbißstube, kein Eisstand, nichts. Nur ein anderer einsamer Suchender kam daher, der dann klagte: ja , früher gab es hier drei Gasthäuser, jetzt ist alles zu.

Mein Freund Clemens Füsers hat vor 3 Jahren zusammen mit der Fotografin Gudrun Olthoff über 100 Berliner Eckkneipen ein Buch gemacht – sie können es hier erwerben - und sagt, daß etwa die Hälfte dieser Kneipen inzwischen geschlossen hat, weg, gibt es nicht mehr. 1905 gab es in Berlin pro 157 Einwohner jeweils eine Gassenschenke, die sich heute 4000 Berliner teilen müssen.

Wirtshaussterben, so hätte ich die Ausstellung auch nennen können. Dabei ist man bestrebt, die Bayrische Wirtshauskultur sogar zum immateriellen Weltkulturerbe erklären zu lassen. Der Neuwirt und gegenüber der Altwirt - fast jedes bayrische Dorf ist, nein war damit ausgestattet. Selbst dort scheint das Schicksal der Gasthäuser besiegelt zu sein. So ist Bayern dabei ein 60 Millionen-Programm zum Erhalt der Dorfwirtschaften aufzulegen.

Also muß doch etwas Unentbehrliches an dieser Tradition dran sein, wenn es sich der Staat so viel kosten lassen möchte. In einem Spiegelartikel stand mal der Satz: „Der Mensch im Wirtshaus lebt nicht vom Bier allein“. Er sucht, er will noch etwas anderes offensichtlich als nur sein Bier. Ein kurzer Blick in die Geschichte der Gastfreundschaft ist dafür lohnend.

Karl der Große machte es gesetzlich jedem zur Pflicht, einen Fremden, einen Reisenden, und sei es ein Feind, der anklopft, zu beherbergen und zu bewirten. Gastung hieß das, und wurde zur Pflicht. Zu Gast sein und Wirt sein ist eine zwischenmenschliche Urbeziehung. Diese frei geübte Gastlichkeit ist mir noch jetzt im Orient, in Usbekisten oder im Iran begegnet, auch in Griechenland mag sie noch lebendig sein, vielleicht überall dort, wo Menschen sich noch unmittelbar bewußt sind, daß sie aufeinander angewiesen bleiben. Die vorübergehende Aufnahme des fremden Reisenden in die Gemeinschaft der Ansässigen ist eine uralte Sitte) und ist auch uns heute noch ein stilles Bedürfnis, wenn wir unterwegs sind.

Erst im 11. Jahrhundert formte sich dann die beruflich ausgeübte Bewirtung aus. Als Klosterschänke und Stiftskeller haben die Klöster mit fromm gebrautem Bier und christlichem Wein die Gastbetreuung fortgeführt. An Stadttoren und Brücken entstanden beliebte Wirtschaften, ebenso das Gasthaus zur Post, für Verpflegung, Unterkunft und frische Pferde zuständig. Auch das Wirtshaus in unmittelbarer Nähe der Kirche war eine Institution, denn, so heißt es: die Gemeindeangehörigen bedurften eines Ortes zum Ausruhen und zur Erfrischung, wenn sie z. T. sehr weit zu den Gottesdiensten, Taufen und Beerdigungen kamen. Dort wurde dann nach dem Kirchgang auch der beliebte Frühschoppen gemeinsam eingenommen.

Das alles hat in Resten da und dort die Jahrhunderte überdauert.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts kam dann, in mittleren und kleinen Städten mehr als in der Großstad, die Sitte des Stammtisches auf, ein wöchentliches Zusammentreffen des ausschließlich männlichen Geschlechts, jener berühmte 3. Ort neben dem Zuhause und der Arbeitsstelle, wo Stadtklatsch, familiäre Ereignisse beklönt werden, aber auch heftig über kommunale und politische Entscheidungen gestritten, ja bisweilen sogar gerauft wird, so daß in Wirtsstuben und Hinterzimmern immer wieder von den Obrigkeiten auch Unruheherde und revolutionäres Gedankengut gewittert werden.

Dem Thema „ Kneipe und politische Kultur“ wurde sogar ein Forschungsprojekt gewidmet. Dort heißt es: “ Wo die Kneipe fehlt, verstärkt sich eine antisoziale, politisch apathische Haltung.“ Und ähnlich titelt unlängst ein Artikel in der WELT: Untergang des Dorfes gefährdet die Demokratie. Also dient auch dafür das 60 Millionenprogramm des bayrischen Staates.

Gewiß, hinter dem Wort Kneipe verbergen sich viele Varianten, von Schankwirtschaft und Kaschemme über Szene- und Quartierskneipe bis zum Weinhaus, für jeden etwas, aber nur sofern es diese Auswahlmöglichkeit auch gibt. So hat die Kneipe in der Großstadt oft eine andere Funktion und ein anderes Publikum als auf dem Land. Dort in der Stadt gibt es z. B. die Arbeiterkneipe, Ursula Kelm hat in NY so ein Foto geschossen , die aber auch Treffpunkt für Künstler wie das Berliner Diener im Foto von Gudrun Olthoff sein kann. Sie ist auch Wohnzimmer, wo man sich mit Zeitung oder seinem PC niederlassen kann, wie Frauke Bergemann in den USA fotografiert hat oder man kann im lebhaften berühmten Bistro speisen wie auf dem anderen zum Panorama zusammengesetzten Foto von Frauke Bergemann.

Vielleicht müssen wir aber nach Griechenland reisen, um noch alte, intakte Dorfkneipen, wie wir sie uns wünschen, zu finden, die Ursula Kelm allerdings in den Achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts dort dokumentiert hat, wo auch der einsame Trinker oder Leser seinen öffentlichen Platz finden kann. Nahezu zeitlos wie für alle Ewigkeit scheint auf dem Bild von Issa Touma, einem Fotografen aus Aleppo, der Alte in seiner Kneipe am Rande von Syrien zu sitzen. Und der Gegensatz zwischen dem Shisha rauchenden bedächtigen Beduinen von John Wreford und den kraftstrotzenden türkischen Shisharauchern in Berlin bei Ursula Kelm, dokumentiert den Wandel der Zeit in Lebenstempo und Dynamik.

Aber alle diese Orte, so unterschiedlich sie auch sind, nach Stadt und Land und nach Landstrich verschieden, haben ums Überleben zu kämpfen und vielen droht das Aus. So ging in Hamburg z. B. zwischen 2002 und 20012, also innerhalb von 10 Jahren, die Zahl der Schankwirtschaften um 48% , also fast um die Hälfte zurück.

Das hat sicher viele Gründe. Eine Überschrift in der SZ stellt die Frage: Und wer mag sich noch vorstellen, Wirt zu sein? Dazu kommt ein Wust an bürokratischen Auflagen der Gewerbeaufsicht und des Gesundheitsamtes und, und … Auch die Brauereien führen ein strenges Regiment. Und das billige Flaschenbier befördert das Heimsaufen, speziell in Mecklenburg. Vielleicht mindert auch die mediale Kommunikation auf seiten des Gastes das Bedürfnis nach leibhaftiger Begegnung und Geselligkeit, man twittert eben und weiß ohnehin per Facebook schon alle Neuigkeiten über den Dorfnachbarn.

Allen deprimierenden Tendenzen zum Trotz laßt uns also anstoßen mit dem Trinkspruch: es lebe die Wirtshauskultur, es lebe die Eigeninitiative und es möge in Mecklenburg auch ein 60 Millionenprogramm zur Förderung der Dorfkneipe aufgelegt werden.
Auch ich war in Arkadien

Samstag, 24. Mai 2014

16.00 Arkadien, wo ist das?
Lesung mit Musik von Joachim Gies, Saxophon und Perkussion
Eröffnung der Akademie für Arkadische Philosophie

16.30 Vernissage
12 Fotografinnen zeigen ihre arkadischen Sehnsuchtsorte

17.00 Zu Gast bei Pan, dem Hirtengott Arkadiens, und Dionysos, dem Gott des Weins

17.30 Performance
Seine Eminenz, der Botschafter Arkadiens, Peter Kees verortet im Park 1qm Arkadien

18.00 Ausklang mit Joachim Gies, Schamane des Saxophons
FOKUS ORIENT
Reisefotografie 1910 - 2010

Reisefotografien von R. Lehnert (1878-1948) und E. Landrock (1878-1966)
"Ruhe im Sturm - Hommage an eine fremde Stadt" von Jörg Meier

Samstag, 26. Mai 2012

17.00 Vernissage

18.00 Lesung
Reiseberichte und Lyrik aus dem Orient, musikalisch begleitet von Saif Karomi auf der Oud

19.00 Kino
"Der Jakubian-Bau", preisgekrönter ägyptischer Film nach Marwan Hamed
Dazu werden orientalische Vorspeisen gereicht mit Tee, libanesischem Wein und Arak


FOKUS ORIENT Barbara Zimmermann

Die Ausstellung heißt FOKUS ORIENT und eben nicht Naher Osten, sie bezieht sich also nicht auf eine politische Region und ihre Turbulenzen, die wir fast täglich im Fernsehen verfolgen müssen, sondern mit dem Titel FOCUS ORIENT auf etwas, was in den Köpfen der Europäer sich seit Jahrhunderten niedergelassen hat unter dem Begriff Orient. Wie haben Europäer den Orient begriffen und abgebildet und wie nähern sie sich ihm heute, wie der Fotograf Jörg Meier z. B.

Unser Bild vom Orient wurde geprägt einmal durch die erste Übersetzung von Tausendundeiner Nacht 1704 inParis , was eine gewaltige Orientschwärmerei inEuropa in Gang setzte, und sodann vom FeldzugNapoleons nach Ägypten 1799, zu dem er mit den Worten anfeuerte: "Europa ist ein Maulwurfshaufen ... auf in den Orient!" Einen ganzen Tross Wissenschaftler aus Frankreich nahm er mit, die tatsächlich Ägypten aus einer Art Dornröschenschlaf rissen. Von da an war auch das wissenschaftliche Interesse an den gewaltigen technischen und künstlerischen Leistungen der Ägypter vor Tausenden von Jahren in Europa geweckt, immer mehr Neugierige und Europamüde pilgerten dorthin und mit der Zeit entwickelten sich etwa ab 1845 regelrechte Reiseunternehmen wie ThomasCook für organisierte Touristenreisen in den Orient.

Aber: "Der Orient von ehedem liegt in den letzten Zügen" schreibt ein französischer Ägyptenreisender, Gerard de Nerval, bereits 1842. Um wie vieles mehr gilt das für die knapp 100 Jahre später dort reisenden und fotografierenden Freunde Lehnert und Landrock, denen ich die meisten der hier gezeigten Aufnahmen verdanke. Im Internet wird ihr Werk so erläutert: "... in romantischen Bildern fingen sie eine Kultur ein, die sie als rein und exotisch erkannten, und das war zum Zeitpunkt ihres Verschwindens." Also Anfang des letzten Jahrhunderts, um 1920, wird aufs Neue der Untergang dieses kostbaren kulturellen Gutes beklagt. Und trotzdem machen sich immer noch Reisende auf, um den Orient, ihren Orient im Nahen Osten zu entdecken, so auch ich, die ich immerhin in Damaskus einige dieser alten Fotografien aufspüren konnte, und ebenso gilt das für den jungen hier ausgestellten Fotografen Jörg Meier. Seine Bilder sind zwar im Unterschied zu Lehnert und Landrock und den anderen z.T. auch anonymen Fotografen farbig und mit einer raffinierten Kamera gemacht, aber während seines langen Aufenthaltes in Kairo hat auch er sich auf eine Spurensuche nach diesen alten, noch in der Tradition verhafteten Lebensweisen begeben: "Ruhe im Sturm" nennt er seine Produktion und wir dürfen gedanklich ergänzen: im Sturm der Modernisierung. Noch während er in Kairo an der Arbeit war, hat DIE ZEIT einige seiner Aufnahmen veröffentlicht.

Im Ganzen also ein nostalgisches Unternehmen, diese Ausstellung, werden Sie vermuten. Aber: Wenn sie lange genug vor den Aufnahmen verweilen, werden Sie etwas spüren von der sanften Würde, Grazie, Genügsamkeit, Präsenz im sinnlichen Augenblick, Nowness, Gegenwärtigkeit, womit diese Kulturen begabt sind bei aller Grausamkeit und Despotie, gewiß, gewiß. Auch ist unsere Trennung von Arbeit und Freizeit dort noch nicht so perfekt eingeübt. Keine Scheu habe ich also und mache mich in vollem Wissen dessen schuldig, was der Palästinenser Edward Said am europäischen Orientalismus so geißelt: dass wir unsere eigenen Defizite hineinsehen, spiegeln, projizieren auf arabische Lebenskultur.

Also ist es gleichzeitig möglich, von dort aus einen kritischen Blick auf uns selbst zu riskieren, auf Eurozentrismus und unseren Modernisierungs- und Fortschrittswahn, und insofern kann die Ausstellung eine begehbare Brücke aber die Kluft der Kulturen hinweg sein.
Zwischen Moskau und Berlin
Russische Meisterfotografie 1925-1945

Samstag, 26. Juli 2008
Fotogalerie V, Voßfeld
Barbara Zimmermann

17.00 Vernissage
Der "Reichstagsfotograf" Jewgeni Chaldej und Markov-Grinberg u.a.

18.00 Russische Lieder von Tschaikowski bis ...
Gesang und Klavier

18.30 Na sdarowje! und die Wodkaküche

19.30 Kino
"Eins, zwei, drei" von Billy Wilder mit Horst Buchholz und Liselotte Pulver.
Eine Satire auf den Kalten Krieg der Chruschtschow-Ära samt Fräuleinwunder
und Coca-Cola-Kapitalismus.
"... Das Korsett ist nahezu verschwunden ..."
Modefotografie der 30iger Jahre

Samstag, 4. August 2007
Fotogalerie V, Voßfeld
Barbara Zimmermann

17.00 Vernissage
Modefotografie der 30iger Jahre
u.a. von Yva (Lehrerin von Helmut Newton)

18.00 "Abnehmen, ohne zu hungern"
Modische Happen und Wein nach der Montignac-Methode
mit Live-Musik aus den 39igern

20.30 Freiluftkino "Marlene"
Dokumentation von Maximilian Schell mit und über Marlene Dietrich
Voilà Paris
Fotografien von Inge Heuwold

Sonntag, 22. Oktober 2006
Fotogalerie V

16h Vernissage
Pariser Reflexionen,
fotografiert von Inge Heuwold

17h Paris-Bar
Wein und Käse
und Chansons mit Monique Ziehar: "accordéon"

18h Cinéma
"Subway" von Luc Besson mit Isabelle Adjani
in der Unterwelt der Pariser Metro
Kunst Offen 3. - 5. Juni 2006

Samstag 3. Juni 16.00 Uhr

Eröffnung der Ausstellung
Mecklenburger, fotografiert von Inga Paas
mit Wildschwein aus dem Backoffen und Varchentiner Bauernbier

Sonntag 4. Juni, ab 11.00 Uhr
Brunch mit Spezialitäten aus der Region und Musik

Montag 5. Juni, von 11.00 - 15:00 Uhr
Kino, Kaffee, Kuchen

Mit freundlicher Unterstützung des Gutswerks Luplow und Peter Lang.
Schnittblumen
Fotografien von Jürgen Mester, Düsseldorf

Samstag, 25. Februar 2006

16h Vernissage
"Schnittblumen"

17h Lesung
"Klagelied Manhattan", Edition V2
Uwe Mengel, New York / Berlin

18h Kino und Bar
"Smoke", der Filmklassiker aus New York
Buch: Paul Auster, mit Harvey Keitel
smoke ´n drink in the voßfeldbar
Leise Wandlung
Lebensbilder vom flachen Lande

Samstag, 20. August 2005
Fotogalerie V

17h Vernissage
"Fotografien aus dem Leben meiner Großeltern"
von Hans W. Mende, freier Fotograf, Berlin

18h Lesung
"1900 - 1980, Erinnerungen meines Großvaters"
gelesen von Dietmar Bauschke, Schauspieler, Berlin

20h Eintopf ● Schwarzbrot ● Speck

21h Freiluftkino mit Guiness- und Whiskeybar
"Lang lebe Ned Divine"
Ein irisches Dorf in heller Aufregung über einen Lottogewinn
Berlin - New York
Blicke eines Flaneurs

Sonntag, 12.Dezember 2004
Fotogalerie V

15h Vernissage
Städtebilder von Andreas Seedorff, Berlin

16h Lesung
Jochen Senf, Tatort-Kommissar "Palü",
liest Texte aus Berlin

17h Film
"Night on Earth" von Jim Jarmush
... ein Sachse als Taxifahrer in New York

Infos zu Shuttle Berlin-Vossfeld unter www.fotogalerie-v.de
Kunst. Literatur. Zigarren. Whisky
Samstag 15. Mai 2004
Fotogalerie V

Vernissage 16h
Ihr letzter Zug.
Fotoserie von Herbert Wetzel, Berlin

Lesung 17h
Die Schrecken der Liebe.
Clemans Füsers liest aus seiner neuen Erzählsammlung